Halbwaisenrente beantragen: Anspruch, Höhe und Dauer der gesetzlichen Rente für Halbwaisen

Wenn ein Elternteil stirbt, beginnt eine schwere Zeit für die Hinterbliebenen. Dabei spielt nicht nur die emotionale Belastung eine Rolle, sondern auch finanzielle Sorgen. Um Familien zu entlasten und den plötzlichen Wegfall des Unterhalts auszugleichen, können Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene daher eine Halbwaisenrente beantragen. Diese wird bewilligt, wenn der Verstorbene die Anwartschaftszeiten der gesetzlichen Rentenversicherung abgedeckt hat. Zudem ist die Halbwaisenrente ab der Volljährigkeit des Hinterbliebenen an weitere Bedingungen geknüpft. Der nachfolgende Artikel klärt alle wichtigen Fragen rund um die Halbwaisenrente.


Wer hat Anspruch auf Halbwaisenrente?

Zu den Bezugsberechtigten gehören neben leiblichen Kindern auch Adoptivkinder, Stiefkinder und Pflegekinder. Manchmal wird die Halbwaisenrente auch für Geschwister- oder Enkelkinder genehmigt. Grundvoraussetzung für die Bewilligung der Halbwaisenrente dieser Bezugsgruppen ist, dass sie vor dem Tod des Versicherten mit ihm in einem Haushalt gelebt haben.


Wann und wo wird die Halbwaisenrente beantragt?

Die Halbwaisenrente muss direkt nach Kenntnisname vom Tod des Versicherten beantragt werden, damit keine Rentenverluste für den Hinterbliebenen entstehen. Beantragt wird die Halbwaisenrente, je nach Todesart, bei der gesetzlichen Renten- oder Unfallversicherung.


Wie lange kann eine Halbwaisenrente bewilligt werden?

Halbwaisen bekommen ohne Unterbrechung ihre Halbwaisenrente bis zum 18. Lebensjahr. Darüber hinaus kann sie bis zum Ende des 27. Lebensjahres bewilligt werden, wenn der Bezugsberechtigte sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, einen Freiwilligendienst absolviert, einen Wehr- oder Zivildienst leistet oder durch eine Behinderung nicht für seinen Lebensunterhalt aufkommen kann.


Was ist die Halbwaisenrente?

Halbwaisenrente beantragen: Anspruch, Höhe und Dauer der gesetzlichen Rente für Halbwaisen
Anspruch auf Halbwaisenrente haben sowohl leibliche Kinder, als auch Stief-, Pflege- und Adoptivkinder.

Die Halbwaisenrente gehört zu den Renten des Todes bzw. der Hinterbliebenenrente der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Diese schließt folgende Renten mit ein:

  • Witwer- und Witwenrenten
  • Waisenrente
    • Vollwaisenrente
    • Halbwaisenrente
  • Erziehungsrente

Wenn beide Eltern oder Erziehungsberechtigte eines Kindes sterben, bekommt es die Vollwaisenrente. Im Gegensatz dazu steht die Halbwaisenrente, die Kindern ausgezahlt wird, welche einen Elternteil oder Erziehungsberechtigten durch einen Todesfall verloren haben. Die Rente für Waisen soll eine finanzielle Unterstützung und einen Ausgleich für den fehlenden Unterhalt für minderjährige Waisen darstellen.

Wer hat Anspruch auf die Halbwaisenrente?

Die Halbwaisenrente soll Minderjährigen also anstatt des Unterhalts als finanzielle Unterstützung dienen. Verschiedene Personengruppen können dabei eine Halbwaisenrente beantragen. Zwingend erforderlich für den Halbwaisenrente-Anspruch ist, dass die verstorbene Person eine gemeinsame Hausgemeinschaft mit den Kindern führte.

Einen Halbwaisenrente-Anspruch haben:

  • Leibliche Kinder
  • Adoptivkinder

Außerdem können auch diese Personengruppen einen Halbwaisenrente-Anspruch haben:

  • Stiefkinder
  • Pflegekinder

Außerdem gibt es Einzelfälle, in welchen auch die Geschwister oder Enkelkinder eines Verstorbenen Anspruch auf eine Waisenrente haben und zwar dann, wenn sie dauerhaft in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben und wenn der Verstorbene für den Unterhalt der Kinder aufkam.

Hinweis: Ein Kind, das Halbwaisenrente bezieht und adoptiert wird, verliert sein Recht auf die Rente nicht. Auch nach einer Heirat bleibt eine Halbwaise bezugsberechtigt.

Welche Voraussetzungen müssen für die Auszahlung einer Halbwaisenrente erfüllt sein?

Die Halbwaisenrente ist eine Leistung der gesetzlichen Sozialversicherung. Je nach Todesursache wird diese Rente entweder von der gesetzlichen Rentenversicherung oder der gesetzlichen Unfallversicherung bezahlt. Beide Zweige der Sozialversicherung geben unterschiedliche Bedingungen für einen Anspruch an eine Halbwaisenrente an:

Halbwaisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung

Für gewöhnlich ist die deutsche Rentenversicherung für die Auszahlung der Halbwaisenrente zuständig. Dafür muss der Rentenversicherungsträger die allgemeinen Anwartschaftszeiten der Rentenversicherung von fünf Jahren erfüllt haben. Bei der Berechnung werden vollwertige Beitragszeiten aus Pflichtbeträgen und freiwilligen Beiträgen, anrechenbare Zeiten der Kindererziehung, Zahlungen aus geringfügigen Beschäftigungen sowie Ersatzzeiten (Kriegsdienst etc.) beachtet. Es gibt jedoch eine Ausnahme für eine Halbwaisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Wenn ein Elternteil vor maximal sechs Jahren seine Ausbildung beendet hat und in den letzten zwei Lebensjahren mindestens ein Jahr lang Beiträge für die Sozialversicherung geleistet hat, bekommen dessen Kinder ebenfalls eine Halbwaisenrente.

Halbwaisenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung

Nach § 63 SGB VII wird in folgenden Situationen die Halbwaisenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung gezahlt:

  • Tod durch einen Arbeitsunfall
  • Tod durch einen Wegeunfall
  • Tod durch eine Berufskrankheit

Sonderfall Beamte/Ruhestandsbeamte

Auch Hinterbliebene von Beamten bzw. Ruhestandsbeamten bekommen eine Halbwaisenrente, selbst wenn sie nicht in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Die Halbwaisenrente kann von der Sozialversicherung oder vom Versorgungsamt beansprucht werden.

Ausnahmen:

In folgenden Situationen wird keine Halbwaisenrente aus der gesetzlichen Sozialversicherung gezahlt:

  • Der Verstorbene war selbstständig
  • Der Verstorbene lebte im Ausland und hat nicht in die Rentenversicherung eingezahlt

Ab wann und bis wann gilt der Anspruch auf Halbwaisenrente?

Anforderungen an Auswanderer
Eine Auswanderung in ein anderes Land beeinflusst die Auszahlung der Halbwaisenrente nicht. Um die Halbwaisenrente im Ausland erhalten zu können, müssen Sie der Rentenkasse Bescheid geben, ein ausländisches Konto haben sowie eine jährliche Lebensbescheinigung übermitteln.

Der Anspruch auf Halbwaisenrente beginnt für jene Hinterbliebene, deren verstorbenes Elternteil noch keine Rente bezogen hat, ab dem Zeitpunkt des Todes. Hat der Verstorbene bereits Rentenzahlungen erhalten, beginnt die Auszahlung der Versicherung ein Monat nach dem Todestag. Eine Nachzahlung der Rente wird maximal zwölf Monate rückwirkend  bewilligt.

Grundsätzlich haben Halbwaisen bis zu ihrem 18. Geburtstag ohne Ausnahme einen Anspruch auf eine Halbwaisenrente. Danach kann die Rente bis zum vollendeten 27. Lebensjahr bewilligt werden gemäß § 48, SGB VI. Wer volljährig und arbeitssuchend ist, erhält keine Halbwaisenrente.

Folgende Voraussetzungen können zu einer Verlängerung der Auszahlung führen:

  • Der Bezugsberechtigte befindet sich in einer Schul- oder Berufsausbildung (inklusive Studium), die mindestens 20 Wochenstunden beträgt. Ein Auslandssemester, das mehr als 20 Wochenstunden in Anspruch nimmt und die Studiendauert verlängert, beeinflusst die Auszahlung der Halbwaisenrente nicht. Generell erhalten Studenten die Halbwaisenrente über die Regelstudienzeit hinaus.
  • Der Bezugsberechtigte absolviert ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ), ein freiwilliges ökologisches Jahr (FÖJ), einen Bundesfreiwilligendienst oder einen vergleichbaren Dienst
  • Der Bezugsberechtigte kann sich durch eine Behinderung (physisch oder psychisch) nicht selbst versorgen.
  • Der Bezugsberechtigte beginnt eine zweite Berufsausbildung, welche direkt nach der ersten folgt. Die Zahlungen werden für eine Übergangszeit von maximal vier Monaten zwischen den Ausbildungen fortgesetzt.

Eine Halbwaisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus wird nur selten bezahlt. Die Erhöhung der Altersgrenze kann bei einer Behinderung erfolgen, wenn die Halbwaise nachweisen kann, dass sie sich nicht selbst versorgen kann. Außerdem muss der Bezugsberechtigte ledig, verwitwet oder mit einem Ehegatten verheiratet sein, der ebenfalls nicht für seinen Unterhalt aufkommen kann. Darüber hinaus kann eine Verzögerung der Ausbildung durch einen Zivil- oder Wehrdienst zu einer verlängerten Zahlung der Rente führen.

Wie berechnet sich die Halbwaisenrente?

Die Halbwaisenrente Berechnung der Halbwaisenrente ist ein komplizierter Akt, denn viele Faktoren müssen mit einbezogen werden. Wenn Halbwaisen ihren Anspruch selbst online berechnen möchten, kann ihnen dabei ein Halbwaisenrenten Rechner helfen. Sie werden von verschiedenen seriösen Internetseiten angeboten.

Bei der Berechnung der Höhe der Halbwaisenrente kommt es darauf an, ob die Rentenversicherung oder Unfallversicherung für die Auszahlung zuständig ist. Einen festen Halbwaisenrente-Mindestbetrag gibt es nicht.

Zweig der Sozialversicherung Berechnung
Gesetzliche Rentenversicherung 10% der Rente, welche der Verstorbene erhalten hätte oder erhalten hat

+ individueller Zuschlag

Gesetzliche Unfallversicherung 20% des Jahresarbeitsverdienstes des Verstorbenen.

Die Halbwaisenrente wird gekürzt, wenn mehrere Hinterbliebene Anspruch auf eine Rente haben und die Gesamtsumme aller Renten mehr als 80 Prozent des Jahresarbeitsverdienstes des Verstorbenen beträgt. Eine Hinzuverdienstgrenze, wie es sie vor 2015 gab, wurde nach einer Forderung des Bundesrechnungshofes abgeschafft, sodass das Einkommen eines volljährigen Bezugsberechtigten nicht mehr zu einer Minderung des Rentenbetrages führt. Allerdings muss die Halbwaisenrente versteuert und in der Anlage R der Einkommenssteuererklärung angegeben werden.

Wie setzt sich der individuelle Zuschlag zusammen?

Neben dem Prozentsatz, welcher die Höhe der Rente bestimmt, wird auch ein Zuschlag (§ 78 SGB VI) mit in die Halbwaisenrente-Berechnung einbezogen, der dem Verstorbenen in Form von persönlichen Entgeldpunkten gewährt wird. Für diesen Zuschlag wird jeder Kalendermonat berücksichtigt, in welchem der Versicherte seine Monatsbeiträge geleistet hat. Außerdem ist auch der Zugangsfaktor für die Waisenrente von Bedeutung. Er richtet sich nach dem Alter des Versicherten zum Zeitpunkt des Todes. Gemindert wird die Halbwaisenrente um einen Abschlag, wenn der Elternteil vor seinem 63. Lebensjahr gestorben ist.

Wird die Halbwaisenrente auf andere Sozialleistungen angerechnet?

Halbwaisenrente beantragen: Anspruch, Höhe und Dauer der gesetzlichen Rente für Halbwaisen
Sozialleistungen wird nach gültiger Rechtsauffassung auf Sozialleistungen angerechnet.

Die Halbwaisenrente wird als vollwertiges Einkommen behandelt, weshalb sie auf Sozialleistungen (BAföG, Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II, Wohngeld) angerechnet wird.

  • BAföG: Wenn Halbwaisen BAföG erhalten, wird die Summe auf den BAföG Bedarf angerechnet, wobei ein Freibetrag für Auszubildende und Studenten besteht. Wie hoch dieser ist, können Sie beim BAföG-Amt erfragen.
  • Arbeitslosengeld II (Hartz 4): Die Halbwaisenrente ist kein privilegiertes Einkommen und wird als Zuflussprinzip auf die Harzt 4 Leistung angerechnet. Somit verringert sich die Arbeitslosengeld II Zahlung.
  • Halbwaisenrente und Unterhaltsvorschuss: Die Halbwaisenrente und der Unterhaltsvorschuss sind beides Leistungen für den Unterhalt eines Kindes und werden miteinander verrechnet.

Wo wird die Halbwaisenrente beantragt und welche Unterlagen sind erforderlich?

Den Antrag für eine Halbwaisenrente stellen Sie beim zuständigen Zweig der Sozialversicherung, also  bei der Rentenversicherung oder der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies sollte unmittelbar nach der Kenntnis vom Todesfall des Versicherten geschehen, da die Rente höchstens zwölf Monate rückwirkend gezahlt werden kann. Wenn Sie 15 Jahre oder älter sind, können Sie selbst den Antrag stellen, ansonsten muss der gesetzlicher Vertreter den Antrag bearbeiten und unterschreiben.

Die Halbwaisenrente kann wie folgt beantragt werden:

  • Schriftlich
  • Per Online-Antrag
  • Im Beratungsgespräch

Dafür muss das Antrags- und Anlagenformular für die Halbwaisenrente auf der Webseite der zuständigen Versicherungsstelle entweder heruntergeladen oder online ausgefüllt werden. Dort erfahren Sie auch, welche Dokumente für den Antrag erforderlich sind. Zu diesen Unterlagen gehören:

Auszahlung bei Minderjährigen
Minderjährige Halbwaisen bekommen die Halbwaisenrente nicht direkt ausgezahlt, stattdessen wird der Betrag dem Erziehungsberechtigten überwiesen.

Dokumente des Antragsstellers:

Eventuelle Unterlagen bei Volljährigkeit:

  • Studien- oder Ausbildungsnachweis
  • Bescheinigung über FSJ/FÖJ
  • Nachweis einer Behinderung
  • Dienstzeitbescheid eines Wehrdienstes
  • Nachweise über weitere Einkünfte

Dokumente des Verstorbenen:

  • Versichertennummer
  • Sterbeurkunde
  • Name und Anschrift der letzten Krankenversicherung
  • Letzter Rentenbescheid oder ein Dokument zum rentenrechtlichen Versicherungsverlauf
  • Klärungsantrag, falls das Rentenkonto des Verstorbenen nicht geklärt ist

Falls Sie Hilfe bei der Antragstellung benötigen, können Ihnen Sozialstationen oder karikative Einrichtungen zur Seite stehen. Zudem führt auch die Rentenversicherung Beratungsstellen.

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